Etappe 3 /// Mechtersheim – Rheinhausen
Tag zwei lief soweit ganz gut und ich war optimistisch, dass ich heute über 200 Kilometer fahren kann.
23.10.2018 – Was am dritten Tag auf mich zukommen würde, ahnte ich beim Start auf diese Etappe noch nicht. Um kurz nach 08.00 Uhr ging es für mich und mein Trek Superfly wieder Richtung Rheinradweg, um dem Ziel Stadion Letzigrund in Zürich ein großes Stück näher zu kommen und um es dann am Finaltag ggf. etwas entspannter angehen zu können.
Entlang des Hauptdeichs am Rhein ging es auch ganz gut los. Ab Kilometer 25 nahm dann aber stetige Südwind zu und pustete mir ganz schön ins Gesicht. Dazu kam eine relativ langweilige Landschaft hinterm Deich. Wiesen, Felder und weit und breit kein einziger Mensch zu sehen. Bei Kilometer 58 überquerte ich dann die Landesgrenze hin zu Frankreich – das machte sich allerdings nur an den Warnschildern bemerkbar, die auf den Überflutungsbereich hinwiesen – am Gegenwind und der langweiligen Landschaft sollte das aber zunächst nichts ändern. Kilometer für Kilometer spulte ich so ab und ich fing langsam an, an mir selbst zu zweifeln. Die Beine wurden immer schwerer und schwerer. Auch meine Trinkflaschen leerten sich immer mehr und ich brauchte dringend eine kleine Pause, wo ich auch Getränke nachfüllen konnte. Nachdem ich nach langer Zeit den Rhein mal wieder für 500 Meter erblicken konnte, war ich zumindest beruhigt, dass dieser noch in Sichtweite lag und ich mich weiter auf der richtigen Route befand. Nach kurzer Zeit ging es dann aber auch schon wieder weg vom Fluss – und das kam mir ganz recht, denn es ging direkt durch ein kleines Örtchen namens Beinheim. Hier gab es auch endlich einen kleinen Laden, wo ich meine Trinkflaschen wieder auffüllen konnte. Durch die kleinen Häuschen wurde auch der Wind etwas abgehalten, was mir wieder ein kleines bisschen Hoffnung gab. Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt erst 80 Kilometer geschafft – meine Beine sprachen aber eher von 180 Kilometern. Nutzt ja nix – weiter. Ab hier führte die Route entlang einer Hauptstraße, die weitab von Vater Rhein lag. Auf den freien Straßen wurde auch der Wind wieder stärker und es ging teilweise nicht schneller als 16 km/h voran. Die Oberschenkel schmerzten mit jeder Umdrehung mehr und mehr und ich fragte mich immer öfter warum ich mir so etwas antun muss. Ist doch eigentlich sinnlos und kann auch nicht gesund sein.
Nach 90 Kilometern beschloss ich, erneut eine kurze Pause einzulegen. Ich konnte eine kleine Bäckerei finden und wollte mich bei einem Kaffee kurz aufwärmen und den Kopf wieder frei bekommen. Mit dem Kaffee wurde es aber dann nichts – 5,80 EUR für eine kleine Tasse Kaffee stand auf der Karte. Für mich war das Thema Frankreich damit durch und ich fuhr umgehend weiter, um wieder zum Rhein zu gelangen, um dort die nächste Fähre rüber nach Deutschland zu nehmen. Zum Glück ließ die nächste Fähre nicht lange auf sich warten – bei Kilometer 97 konnte ich übersetzen und wurde umgehend von einem Mitarbeiter auf die Fahne angesprochen. In unserem kurzen Gespräch erklärte er mir dann noch den Weg zum nächsten Bahnhof und ich bedankte mich herzlich bei ihm. Zurück auf der Deutschen Rheinseite quälte ich mich wieder auf das Rad und fuhr 10 Meter mit der festen Überzeugung zum nächsten Bahnhof zu fahren. Und dann kam mir plötzlich ein Spruch in den Kopf, den ich ein paar Tage zuvor in einer E-Mail-Signatur eines Ultra-Cyclisten gelesen hatte: „Halte nicht an, wenn du müde bist. Halte an, wenn du dein Ziel erreicht hast.“ (Torsten Weber). Zumindest mein Kopf war nun wieder überzeugt, weiter zu fahren. Mit der Hoffnung, dass bald eine Kaffeebude kommt und der Weg wieder entlang des Rheins führt und nicht mehr über Hauptstraßen machte ich mich ab jetzt rechtsrheinisch wieder auf den Rheinradweg. Leider erfüllte sich meine Hoffnung in keinster Weise – es ging auch in Deutschland weiter entlang der Hauptstraße mit viel Gegenwind und es gab auch nix mit Kaffee, ohne die Route verlassen zu müssen. Mit positiven Gedanken versuchte ich die schreienden Oberschenkel zu ignorieren um irgendwie vorwärts zu kommen. Und dann endlich – eine Bäckerei. Nach einem Kaffee und zwei Brötchen schaute ich kurz, wie weit ich denn schon gekommen bin. Leider waren es erst 125 Kilometer. Ich beschloss, noch ein paar Minuten sitzen zu bleiben und es kamen immer mehr Zweifel auf, dass ich mein Ziel wirklich erreichen kann. Dann schaute ich mir in den sozialen Medien meine Posts vom Vortag an und begann an die Kommentare mal genau zulassen. „halte durch“ – „Du schaffst das“ – „niemals aufgeben“ und „Aufgeben ist keine Option“ sind nur ein kleiner Auszug.